Meinungsbild der Bevölkerung zum Thema Tierversuche

Manipulation und verzerrtes Meinungsbild durch falsch interpretierte und veraltete Daten

Tierexperimentatoren und Pharmalobbyisten behaupten immer wieder, dass Tierversuche von der Bevölkerung aktzeptiert und sogar erwünscht sind.

So auch Professor Eberhart Zrenner (experimentiert selbst unter anderem an Katzen), welcher sich in einem aktuellen Interview des CTV Tübingen vom Juni 2013 auf eine EMNID Umfrage stützt.

Im Interview gibt Prof. Zrenner deutlich zu verstehen, dass 70 % der Bevölkerung Tierversuche befürworten und sogar sehen möchten.

„[…], auch wenn mehrheitlich die Deutschen für Tierversuche sind, nach Emnid-Umfrage sind es etwa 70 % der Personen in Deutschland die Tierversuche unter bestimmten Auflagen […] sehen möchten.“

Offensichtlich bezieht sich der Tierexperimentator, wie viele seiner Kollegen, auf die Puplikation der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Diese Puplikation beschreibt eine Metaanalyse von insgesamt 9 Meinungsumfragen der Jahre 1985 bis 1998.

Diese Metaanalyse wurde von der Senatskommission für tierexperimentelle Forschung der DFG gemeinsam mit der Max-Planck-Gesellschaft bei unabhängigen Meinungsforschungsinstituten in Auftrag gegeben. Ausgewertet wurde sie jedoch von UMBRA-Landau, einem privaten und damit profitorientierten Markt- und Sozialforschungsunternehmen.

Falsche Interpretation

Wie aus dem Diagramm ersichtlich ist, gibt es tatsächlich eine Meiunungstendenz von  70 % unter den rund 1.000 befragten Personen. Diese weist aber keineswegs darauf hin, dass 70 % der Personen in Deuschland Tierversuche „sehen möchten“, wie es Prof. Zrenner behauptet. Sondern lediglich, dass es für diese Personen auf die Art der Versuche ankommt. Tatsächlich sind in diesen Jahren nur an die 10 % der Befragten für Tierversuche. (siehe Schaubild 1)

Schaubild 1
Emnid Umfragen ’85 / ’86 und Allensbach ’92

Veraltete Daten

Sieht man von der falschen Interpretation der Daten ab, kann man auch die Repräsentativität der Daten in Frage stellen. Wohlwissend, dass es neuere Meinungsumfragen zum Thema Tierversuche gibt, bezieht sich Eberhart Zrenner und die Deutsche Forschungsgemeinschaft auf Daten, welche vor 3 Jahrzehnten erhoben wurden. Diese Daten werden dann als aktuelles Meinungsbild der Bevölkerung zum Thema Tierversuche angepriesen.

Dabei muss man sich vor Augen halten, dass erst 1993 der erste Webbrowser für das Internet entwickelt wurde. Das heisst, dass erst 7 bzw. 8 Jahre nach den zitierten Studien Bürger überhaupt einen Zugang zum Internet hatten, um sich über das Thema Tierversuche zu informieren. Ebenfalls ist fraglich ob vor 28 Jahren überhaupt Informationen über Tierversuche an die Öffentlichkeit gedrungen sind, zumal erst am 30. November 2010 die Basler Deklaration aufgesetzt wurde, in der sich Forscher und Wissenschaftler zur Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit verpflichten.

Aktuelles Meinungsbild

Schaut man sich nun die aktuellen Meinungsumfragen zum Thema Tierversuche an, erkennt man auch, warum die Tierversuchsindustrie sich auf Daten bezieht, die mehr als 3 Jahrhunderte veraltet sind.

EMINID Studie (Veröffentlichung 2003)

Die 2003 von Greenpeace veröffentlichte Studie zum Thema Tierversuche, welche ebenfalls von EMNID, den größten Meinungsforschungsinstitut Deutschlands durchgeführt wurde, zeigt eine deutliche Tendenz.

Tierversuche: Persönliche Einschätzung der Notwendigkeit
Mehr Statistiken finden Sie bei Statista
Verzicht auf Medikamente/Impfstoffe aus Tierschutz-Gründen
Mehr Statistiken finden Sie bei Statista

YouGov 2009

Viel repräsentativer ist allerdings eine Studie aus dem Jahr 2009, welche von der Europäische Koalition Anlässlich der Novellierung der EU-Tierversuchsrichtlinie in Auftrag gegeben wurde. Die vom international tätigen Meinungsforschungsinstitut YouGov durchgeführte Studie umfasste ganze 6 europäische Länder (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, der Tschechischen Republik und Schweden) und eine für jedes Land repräsentative Stichprobe von insgesamt 7.139 Erwachsenen.

Einstellung der Bevölkerung ausgewählter europäischer Länder zu Tierversuchen
Mehr Statistiken finden Sie bei Statista

Diese Studie belegt mit aktuellen, umfangreichen und repräsentativen Zahlen, dass die Bevölkerung, nicht nur in Deutschland, Tierversuche mehrheitlich ablehnt.

Hingegen der Argumentation der Deutschen Forschungsgemeinschaft

„Die Befragungen der Gruppen und der Experten belegen, dass gerade Universitäten und staatliche geförderte Forschungseinrichtungen für die Informationsübermittlung geeignet sind, da deren Glaubwürdigkeit von der Bevölkerung in der Regel nicht in Frage gestellt wird.“

zeigt sich, dass immer mehr Bürger auf kompetente Informationen von unabhängigen Befürwortern von Alternativmethoden zurückgreifen.

Eine große Rolle hierbei spielen unabhängige NGO’s, wie Ärtze gegen Tierversuche e. V., die anders als Forschungseinrichtungen und Pharmakonzerne, nicht von Tierversuchen in Form von Forschungsgeldern oder Prestige profitieren.

Manipulation

Oft werden auch von hochrangigen Wissenschaftlern Statistiken, Umfragen und sonstige Daten falsch wiedergegeben oder absichtlich manipulativ interpretiert, um Ängste zu schüren, wie die Angst vor Krankheit oder sogar Tod.

Auch auf der Internetseite des Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik wird mit der Aussage geworben, dass es „[…] größtenteils der Tierforschung zu verdanken [ist], dass die Lebenserwartung von 1900 bis heute von 52 Jahren auf 82 Jahren (Frauen) angestiegen ist und sich unsere Lebensqualität stetig verbessert hat (Quelle: Statistisches Bundesamt).

Um diesem Beispiel zu folgen, antwortete auch Professor Eberhart Zrenner im Interview vom 17.06.2013 mit dem unpassenden Titel: Tierversuche oder kurzes Leben auf die Frage:

„Wenn wir keine Tierversuche machen würden,  was würde passieren?“

„Dann wären die, die jetzt älter als 60 sind, mehrheitlich gar nicht mehr da.“

Diese Antwort, sowie die Aussage auf der Website des MPI,  ist mehr als suspekt. Hier wird absichtlich die Angst der Menschen vor Krankheit und Tod genutzt, um dieses Thema auf eine emotionale, nicht rationale Ebene zu lenken.

Hinlänglich bekannt ist jedoch, dass nicht die biomedizinische Forschung zu einer Verlängerung der Lebenserwartung beiträgt, sondern ein gesunder Lebensstil. Dieser kann heute, anders als vor 100 Jahren, durch sichere Versorgung von gesunden Nahrungsmitteln und sauberen Trinkwasser gewährleistet werden.

Ferner haben US-Forscher aus Chicago die Faktoren: Rauchen, Adipositas, Bluthochdruck, Diabetes und Bewegungsmangel als bedeutsame Schlüsselfaktoren für Sterblichkeit identifiziert.
(Studie 1981, Fachzeitschrift „Archives of Internal Medicine”)

„Etwa ein Viertel der Variabilität bei der Lebenserwartung kann dabei auf genetische Faktoren zurückgeführt werden. Für einen Großteil des Rests waren laut der Daten fünf beeinflussbare Faktoren entscheidend: Nikotinkonsum, körperliche Bewegung, der Blutdruck, das Gewicht und das Vorliegen von Diabetes.“
(ddp , 11. Februar 2008 in www.aachener-zeitung.de)

Jedem sollte wohl einleuchten, dass Grundlagenforschung an Gehirnen von Affen oder die Erfindung eines „subretinalen elektronischen Netzhautimplantats“ nichts mit unserer Lebenserwartung zu tun hat, sondern, dass diese in direktem Zusammenhang mit unserem Lebensstil steht. Das heißt, auch wenn wir ab jetzt keine Tierversuche mehr machen würden, würden viele Menschen noch älter als 60 Jahre werden.

 

 

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